Niederlassungsfreiheit

Überall in der EU selbstständig arbeiten

Ob als Architekt, Restaurantbesitzer oder Marketing-Expertin: Unionsbürger können sich überall in der Europäischen Union niederlassen und dort einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen. Europäische Richtlinien sorgen dafür, dass die eigene Berufsausbildung im Gastland auch anerkannt wird.

Innerhalb der Europäischen Union genießen alle Unionsbürger das Recht auf Freizügigkeit. Das schließt die freie Einreise, freien Aufenthalt, freies Wohnrecht, die freie Wahl des Studien- und Arbeitsplatzes sowie die Niederlassungsfreiheit ein.

Das Recht der EU-Bürger, sich in einem anderen EU-Land niederzulassen, dort also eine gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche oder freiberufliche Erwerbstätigkeit selbstständig auszuüben, ist schon 1957 im EWG-Vertrag festgeschrieben worden.

In der Praxis ist die Niederlassung in reglementierten Berufen in einem anderen Mitgliedstaat jedoch nur möglich, wenn die Diplome, die Hochschulabschlüsse und die Nachweise der beruflichen Befähigung des einen Landes auch im anderen EU-Land anerkannt werden. Da in den einzelnen Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Zulassung unterschiedlich sind, war die Niederlassung lange Zeit schwierig.

Einzelrichtlinien
In einzelnen Berufen hat die Europäische Union bereits in den 70er Jahren Richtlinien für die Anerkennung der Diplome erlassen. Dazu gehören Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, Apotheker, Krankenschwestern/Krankenpfleger und Hebammen, aber auch Architekten.

Die Richtlinien regeln die Anforderungen an Inhalt und Dauer der verschiedenen Ausbildungen, die für eine EU-weite Niederlassung vorgewiesen werden müssen. Bei der Erarbeitung dieser Richtlinien wurde jedoch deutlich, dass für den Großteil der Berufe eine inhaltliche Harmonisierung sehr schwierig ist.

Die Hochschulrichtlinie
Erst mit der Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte gelang der Durchbruch: Im Binnenmarkt ist die Anerkennung der Diplome nicht mehr von einer vorherigen Harmonisierung abhängig. Vielmehr wenden die EU-Staaten den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens an.

Nach der Richtlinie zur allgemeinen Anerkennung der Diplome, die 1991 in Kraft trat, müssen Hochschulabschlüsse gegenseitig anerkannt werden, denen ein mindestens dreijähriges Hochschulstudium vorausgeht. Auch die deutschen Fachhochschulen sind Hochschulen im Sinne dieser Richtlinie.

Im Anschluss an die EU-Hochschulrichtlinie wurde eine „zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise“ erlassen. Seitdem werden auch Ausbildungsgänge, die weniger als drei Jahre dauern, von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegenseitig anerkannt.

Von der Richtlinie werden Ausbildungsgänge erfasst, die zwischen einem und drei Jahren dauern. Sie regeln auch die Anerkennung vieler deutscher Berufsabschlüsse für Heil- und Pflegeberufe - unabhängig von der Dauer der Ausbildung.

Berufserfahrung ist gefragt
Auch für Handwerk und Handel erleichtern Richtlinien die Niederlassungsfreiheit: In Mitgliedstaaten, die die Ausübung einer Tätigkeit vom Nachweis bestimmter Kenntnisse oder Diplome (zum Beispiel Meistertitel) abhängig machen, kann ein fehlender Berufsabschluss unter Umständen durch den Nachweis umfassender Berufserfahrung ersetzt werden.

Beamte aus anderen EU-Ländern
Auch Bürger aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union können in der Bundesrepublik Deutschland Beamte werden. Ein Franzose kann seine Sprache an finnischen Schulen lehren, oder ein Grieche britischer Beamter werden. Beamte, die hoheitliche Aufgaben erfüllen, sollen weiterhin die Bürger des Staates sein, der sie beschäftigt. Von dieser Ausnahme sind zum Beispiel Tätigkeiten bei der Polizei, der Finanzverwaltung oder in der Rechtspflege betroffen.