Wirtschafts- und Währungsunion

Geschichte und Strukturen auf einen Blick

Eine Währungsunion ist ein Zusammenschluss von Staaten mit unterschiedlichen Währungen zu einem einheitlichen Währungsraum. Im Gegensatz zu einer Währungsreform bleibt bei der Währungsunion der Wert des Geldes voll erhalten. Die beteiligten Währungen werden lediglich nach einem bestimmten Austauschverhältnis in die neue Währung umgerechnet. Die in Geldguthaben ausgedrückte Kaufkraft bleibt aber genau gleich.

Grundlagen für eine stabile Währung
Die Einführung der gemeinsamen europäischen Währung ist jahrelang sorgfältig vorbereitet worden. Dabei stand immer ein Ziel im Vordergrund: Die Stabilität des Euro.
- Strenge Aufnahmekritierien garantieren, dass nur Länder mit einer stabilen Währung an der Währungsunion teilnehmen.
- Das Statut der Europäischen Zentralbank sichert eine unabhängige, am Stabilitätsziel orientierte Geldpolitik.
- Regelungen zur Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten stellen sicher, dass kein Teilnehmerstaat der WWU aus dem Stabilitätskonsens ausschert.

Der Weg zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) wurde bereits 1992 im Vertrag von Maastricht festgeschrieben.

Die erste Stufe der WWU begann am 1. Juli 1990. In ihrem Verlauf haben die Mitgliedstaaten ihren Kapitalverkehr liberalisiert und Anstrengungen unternommen, ihre Wirtschafts- und Währungspolitik stärker zu koordinieren.

Während der zweiten Stufe der WWU (ab 1. Januar 1994) schufen die Mitgliedstaaten die wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen zur Einführung der gemeinsamen Währung. Das Europäische Währungsinstitut (EWI) leistete die technischen Vorbereitungen für die Einführung des Euro und bereitete die gemeinsame Geldpolitik vor. Am 1. Juni 1998 löste die Europäische Zentralbank (EZB) das EWI ab. Am ersten Maiwochenende des Jahres 1998 wurden die Weichen für den Euro endgültig gestellt. Die Staats- und Regierungschefs der EU legten die Teilnehmerländer fest.

Mit der dritten und letzten Stufe wurde die WWU Wirklichkeit. Elf EU-Länder haben am 1. Januar 1999 den Euro als gemeinsame Währung eingeführt. Die Verantwortung für die Geldpolitik ist an diesem Tag auf die Europäische Zentralbank übergegangen. Einen Tag zuvor - am 31. Dezember 1998 - haben die Wirtschafts- und Finanzminister der Mitgliedstaaten die endgültigen Umrechnungskurse zwischen den Teilnehmerwährungen und dem Euro unwiderruflich festgelegt.

Der Euro startete mit elf Teilnehmerländern
Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien haben den Euro am 1. Januar 1999 als gemeinsame Währung eingeführt. Am 1.1.2001 kam auch Griechenland hinzu.

Die Fortschritte, die diese WWU-Mitgliedsländer in den letzten Jahren auf dem Weg zur Konvergenz erzielt haben, sind beachtlich: Die Inflationsrate erreichte 1997 im „Euroland“ mit 1,6 Prozent den niedrigsten Stand seit mehr als dreißig Jahren. Der Referenzwert für dieses Kriterium lag bei 2,7 Prozent. Alle elf qualifizierten Länder blieben sogar deutlich unter diesem Wert.
Auch die langfristigen Zinssätze haben sich auf einem sehr niedrigen Niveau angeglichen. Der Durchschnitt der drei Länder mit den niedrigsten Sätzen lag 1997 bei 5,8 Prozent, der Referenzwert für dieses Kriterium damit bei 7,8 Prozent. Die langfristigen Zinssätze der elf Teilnehmerländer lagen sämtlich darunter. Das Kriterium der Wechselkursstabilität wurde ebenfalls von allen Euro-Teilnehmerländern erfüllt.

Etwas knapper ist das Ergebnis bei dem Kriterium der Haushaltsführung ausgefallen: Zwar lagen die Budgetdefizite aller elf Länder unter der vorgeschriebenen 3 Prozent-Marke, dennoch sind in den meisten Ländern weitere Anstrengungen notwendig, um das Ziel eines mittelfristig ausgeglichenen Staatshaushalts dauerhaft zu erreichen.

Der Entscheidung über den Teilnehmerkreis waren Stellungnahmen des EWI, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments vorangegangen. Alle beteiligten Institutionen sprachen sich für einen pünktlichen Euro-Start mit 11 Teilnehmerländern aus.

Drei der 15 EU-Staaten werden vorerst noch nicht an der WWU teilnehmen. Schweden hat die Aufnahmebedingungen noch nicht erfüllt. Großbritannien und Dänemark wurde im Vertrag von Maastricht das Recht zuerkannt, selbst darüber zu entscheiden, ob und zu welchem Zeitpunkt sie der WWU beitreten wollen. Allen Ländern steht die Tür zum Euro aber offen. Voraussetzung ist, dass sie die Konvergenzkriterien erfüllen. Das gilt auch für die zehn neuen Mitgliedstaaten, die am 1.5.2004 der EU beigetreten sind.

Der Euro-Fahrplan
Am 31. Dezember 1998 haben die Wirtschafts- und Finanzminister die endgültigen Wechselkurse zwischen den Teilnehmerwährungen und dem Euro unwiderruflich festgelegt. Am 1. Januar 1999 ging die Verantwortung für die Euro-Geldpolitik auf die EZB über.

Damit begann eine dreijährige „Übergangsphase“. Während dieser Zeit konnte der Euro bereits im bargeldlosen Zahlungsverkehr verwendet werden. Es galt das Prinzip „Keine Behinderung, kein Zwang“. Danach stand es jedem frei, den Euro zu verwenden. Jedoch konnte niemand zur Nutzung des Euro gezwungen werden. Gesetzliche Zahlungsmittel blieben während dieser Periode weiterhin die nationalen Währungen.

Die Euro-Banknoten und -Münzen wurden Anfang 2002, also drei Jahre nach Beginn der WWU, in Umlauf gebracht. Die D-Mark wurde in Deutschland von Kreditinstituten und Einzelhändlern während der Monate Januar und Februar 2002 noch zurückgenommen. Am 1. März 2002 war die Phase des Bargeldumtauschs in Deutschland beendet.

Nun ist der Euro in allen WWU-Teilnehmerländern alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel sein.

Die nationalen Währungen können jedoch auch nach diesem Stichtag weiterhin in Euro umgetauscht werden. In der Bundesrepublik werden die Landeszentralbanken und ihre Geschäftsstellen D-Mark-Scheine und Münzen noch sehr lange Zeit entgegennehmen.

Rechtliche Stellung des Euro
Zwei EG-Verordnungen stellen sicher, dass die Einführung des Euro ohne Unsicherheiten über die geltende Rechtslage vor sich gehen kann. Die beiden Verordnungen sind in den Euro-Teilnehmerstaaten unmittelbar geltendes Recht.

Die erste Verordnung, die im Juli 1997 in Kraft getreten ist, legt fest: Verträge und Rechtsvorschriften, die sich auf die nationale Währung beziehen, werden sich bis auf die Währungsangabe nicht ändern. Alle anderen Vertragsinhalte, wie zum Beispiel die Zinssätze, bleiben gleich. Es wird also aufgrund der Währungsumstellung keine Möglichkeit für sonstige Vertragsanpassungen oder -kündigungen geben. Es gilt das Prinzip der „Vertragskontinuität“. Außerdem enthält die Verordnung die Umrechnungs- und Rundungsregeln sowie die Bestimmungen über die Rundung von Währungsbeträgen.

Eine zweite Verordnung, die seit 1. Januar 1999 in Kraft ist, legt fest: Der Euro ist seit
1. Januar 1999 die einzige und einheitliche Währung der Teilnehmerstaaten. Die nationalen Währungseinheiten behalten aber als gesetzliche Zahlungsmittel weiter ihre Gültigkeit. Der vom Rat festgesetzte Umrechnungskurs zwischen dem Euro und den nationalen Währungen ist unveränderbar. Die ECU wurde am 1. Januar 1999 durch den Euro mit einem Umrechnungskurs von 1:1 ersetzt.

Wachstumsimpulse
Die Währungsunion wird Wachstumsimpulse für die Wirtschaft und Vorteile für die Verbraucher bringen. Eine größere Transparenz der Preise stärkt den Wettbewerb und macht Waren wie Dienstleistungen günstiger.

Der Handel zwischen den Mitgliedstaaten macht rund 60 Prozent des gesamten Außenhandels der EU-Staaten aus. Der Euro ist deshalb die logische Ergänzung des Binnenmarktes: Der Handel zwischen den Mitgliedstaaten wird vereinfacht. Das bringt Zuwachsraten und sichert Arbeitsplätze.

Wechselkursschwankungen haben der europäischen Wirtschaft in den letzten Jahren schwer zu schaffen gemacht und tausende von Arbeitsplätzen gekostet. Obwohl die USA nur einen Anteil von 16 Prozent am Welthandel haben (Europa 42 Prozent), werden heute weltweit rund 60 Prozent aller Ausfuhren in Dollar berechnet. Erst der Euro als stabile europäische Währung steht wirklich gleichberechtigt neben Dollar und Yen. Er wird eine der wichtigsten Handels- und Reservewährungen sein und damit Europa zu einem weltwirtschaftlich gewichtigeren Partner machen.

Doch der Euro bringt nicht nur wirtschaftliche Vorteile: Die Währungsunion ist Ausdruck des Willens der Menschen und Länder in Europa, enger und wirksamer zum gemeinsamen Nutzen zusammenzuarbeiten und auf dem Weg der politischen Integration weiter voranzuschreiten. Sie bedeutet die Chance, ökonomische und politische Stabilität schrittweise auf ganz Europa auszuweiten.

Euro und Verbraucher
Wer konnte schon auf Anhieb sagen, ob es günstiger ist, ein Auto in Deutschland, Frankreich oder Italien zu kaufen? Trotz erheblicher Preisunterschiede nutzen viele Verbraucher die Vorteile des Binnenmarktes nicht, weil unterschiedliche Währungen einen direkten Preisvergleich erschweren und das Geldwechseln den Kauf im Ausland zusätzlich verteuert.

Dabei könnte das Auto nach der letzten Preisvergleichsstudie der Europäischen Kommission in vielen Fällen im Nachbarland um mehr als 20 Prozent billiger zu haben sein! Mit dem Euro werden diese krassen Preisunterschiede für den Verbraucher durchschaubar. Durch die einheitliche Währung können Preise über die Grenzen hinweg problemlos verglichen werden.

Auch das Reisen wird billiger: Deutsche Touristen geben jährlich rund 60 Milliarden DM im Ausland aus. Nach Schätzung des Bundesverbandes der mittelständischen Reiseunternehmen werden deutsche Urlauber durch den Wegfall des Devisenumtauschs jährlich rund 1,8 Millarden DM einsparen. Der einzelne spart damit rund 3 Prozent seines Reisebudgets.

Stabilität hat Vorrang
Eine erfolgreiche Zentralbank operiert nicht im luftleeren Raum. Sie bedarf der Unterstützung durch die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Damit die gemeinsame Währung stabil bleibt, haben sich die Mitgliedstaaten auf bestimmte finanz- und wirtschaftspolitische Vorgaben geeinigt.

Diese im Vertrag über die Europäische Union festgeschriebenen Grundsätze verbieten unter anderem jede Bevorzugung eines Staates bei der Kreditversorgung. Außerdem werden EU-Staaten, die durch eine unsolide Haushaltspolitik in Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind, keine automatische Hilfe durch die anderen EU-Länder erhalten.

Bereits im Vertrag über die Europäische Union wurden Mechanismen vorgesehen, die übermäßige Haushaltsdefizite einzelner Mitgliedstaaten verhindern sollen. Zum Beispiel kann
- ein Mitgliedstaat zu einer unverzinslichen Einlage bei der EU verpflichtet werden;
- die Europäische Investitionsbank ersucht werden, ihre Darlehenspolitik gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat zu überprüfen.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt
Damit der Stabilitätsrahmen des Vertrages allen denkbaren Belastungen standhält, hat sich der Europäische Rat von Dublin zusätzlich auf einen Stabilitäts- und Wachstumspakt geeinigt. Mit diesem Pakt verpflichten sich die Mitgliedstaaten, mittelfristig einen ausgeglichenen Haushalt oder sogar einen Haushaltsüberschuss anzustreben.

Auch in schwierigen Zeiten soll die Obergrenze für das Haushaltsdefizit von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschritten werden. In guten Zeiten sollte ein ausreichender „Sicherheitsabstand“ zur 3 Prozent-Grenze gewahrt werden. Ein Frühwarnsystem soll dafür sorgen, dass die Mitgliedstaaten diese Grenzen auch einhalten. Jeder Mitgliedstaat muss mehrjährige Stabilitätsprogramme mit Zielsetzungen für die Haushaltspolitik erarbeiten. Allerdings hat der Europäische Rat Anfang 2004 von Sanktionen gegenüber den Mitgliedstaaten, die sich nicht an die Vorgaben gehalten haben, Abstand genommen.

Die Kommission und der Rat werden die Durchführung dieser Programme ständig überwachen und können bei Abweichungen Korrekturen empfehlen. Folgt ein Mitgliedstaat diesen Empfehlungen nicht, können Sanktionen beschlossen werden. Der betroffene Mitgliedstaat muss dann eine zinslose „Stabilitätseinlage“ hinterlegen, die bei erfolgreicher Konsolidierung zurückgezahlt wird. Verfehlt jedoch ein Land nach zwei Jahren immer noch das Budgetlimit, wird die Einlage in eine Geldbuße umgewandelt und in den EU-Haushalt eingestellt.

Auf ihrem Gipfel in Amsterdam haben die Mitgliedstaaten mit einer Entschließung dem Stabilitäts- und Wachstumspakt schließlich eine offizielle Form gegeben. Die Einzelheiten sind in zwei Verordnungen und einer Entschließung des Europäischen Rates geregelt.

Solide Haushaltspolitik hilft nicht nur, die langfristigen Zinsen niedrig zu halten, sie setzt auch Mittel für Investitionen und Verbrauch frei. Nach Angaben der Europäischen Kommission würde eine Rückführung der jährlichen öffentlichen Defizite in Europa um nur 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes 65 Milliarden Euro für private Investitionen und Verbrauch freimachen.

Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik
Mit dem Euro wird nicht nur ein einheitlicher Währungsraum geschaffen. Es entsteht auch ein gemeinsamer Wirtschaftsraum, in dem die einzelnen Volkswirtschaften immer enger zusammenwachsen. Dies erfordert von den Mitgliedstaaten eine stärkere Koordinierung der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik.

Gemeinsame und verbindliche Regeln in diesen Bereichen werden an Bedeutung gewinnen. Um über die gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik zu beraten, treffen sich die Wirtschafts- und Finanzminister der WWU-Länder regelmäßig im Euro-11-Rat.

Keine Spaltung
Die WWU wird die EU nicht in Teilnehmer- und Nichtteilnehmerstaaten spalten. Die Mitgliedschaft in der Währungsunion bleibt offen. Die vier EU-Staaten, die zunächst nicht an der WWU teilnehmen, haben das Recht, zu einem späteren Termin beizutreten. Voraussetzung dafür ist, dass sie die Konvergenzkriterien erfüllen. Bei der EZB sorgt ein besonderes Gremium - der „Erweiterte Rat" -dafür, dass der Dialog zwischen der EZB und den Notenbanken der Nichtteilnehmer aufrechterhalten bleibt. Der „Erweiterte Rat" dient als Forum für die geld- und währungspolitische Zusammenarbeit zwischen allen EU-Notenbanken.

Im Rahmen des EWS II, das am 1. Januar 1999 in Kraft getreten ist, werden die Währungen der „pre-ins“ enger an den Euro gebunden. Durch die Teilnahme am EWS II können sich diese Länder auf eine spätere Mitgliedschaft in der WWU vorbereiten.