Struktur des EU-Rechts

Was ist der Unterschied zwischen "primärem" und "sekundärem" EU-Recht?

Die Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften, deren Ergänzungen und der Vertrag über die Europäische Union bilden das Primärrecht (Einheitliche Europäische Akte, Vertrag von Maastricht, Vertrag von Amsterdam, Vertrag von Nizza). Dieses Primärrecht ist mit dem Verfassungsrecht auf der Ebene der Nationalstaaten durchaus vergleichbar. In den EU-Verträgen sind die genauen Entscheidungsabläufe zur Setzung europäischen Rechts, das institutionelle Gefüge und die Kompetenzen der Union geregelt.

Auf der Grundlage dieses Primärrechts beschließt der Rat der Europäischen Union das sogenannte Sekundärrecht. Diese „europäischen Gesetze“ werden in Form von Richtlinien, Verordnungen und Entscheidungen erlassen.

Das Gemeinschaftsrecht besteht aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaften (Europäische Gemeinschaft und Europäische Atomgemeinschaft). Diese stellen die erste und wichtigste der drei Säulen der Europäischen Union dar. Die zweite Säule ist die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Die dritte Säule umfasst die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS).

Das Gemeinschaftsrecht stellt eine eigene Rechtsordnung dar, die sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für den Einzelnen gilt. Es geht dem nationalen Recht im Rang vor. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts wird mit der praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts begründet. Gleichzeitig wird der Rechtsschutz des Einzelnen gestärkt.

Auch die Beitrittsverträge mit den neuen Mitgliedstaaten gehören zum Primärrecht. Weiter gehören auch die so genannten „allgemeinen Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts", insbesondere die Gemeinschaftsgrundrechte, zum Primärrecht.

Das sekundäre Gemeinschaftsrecht unterscheidet zwischen den folgenden rechtlichen Instrumenten:

  • Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und erlangt in jedem Mitgliedstaat unmittelbare Geltung. Sie ist daher mit einem deutschen Gesetz vergleichbar.
  • Im Gegensatz dazu ist die Richtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet und nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Sie bedarf der Umsetzung in nationales Recht innerhalb einer bestimmten Frist.
  • Die Entscheidung ist der Rechtsakt, mit dem die Gemeinschaftsorgane Einzelfälle verbindlich regeln. Sie ist entweder an die Mitgliedstaaten oder direkt an Einzelne gerichtet und mit dem deutschen Verwaltungsakt vergleichbar.
  • Empfehlungen und Stellungnahmen sind unverbindlich. Empfehlungen legen dem Adressaten ein bestimmtes Verhalten nahe. Stellungnahmen enthalten eine Beurteilung einer bestimmten gegenwärtigen Sachlage.

Weitere Informationen zu den Rechtsetzungsinstrumenten finden Sie hier.