Der Euro ist zur zweiten Weltwährung geworden

Kampf der Giganten

Jahrzehntelang war der Dollar unangefochten die Weltwährung - bis der Euro kam. Der neue Konkurrent fordert seit knapp sechs Jahren den Dollar zu einem geldpolitischen Kampf der Giganten heraus und hat auf dem internationalen Parkett Fuß gefasst. «Der Euro hat seine Bedeutung als zweitwichtigste Währung gefestigt», bilanziert der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet. Auch in punkto Stabilität sei die junge Währung eine Erfolgsgeschichte.

Viele Euro-Skeptiker hatten bei der Einführung im Januar 1999 davor gewarnt, dass in dem riesigen Währungsraum von Lappland bis zur Algarve Weichwährungen wie die Lira das gemeinsame Geld schwächen würden. «Aber der Euro hat sich durch seine Stabilität im Bewusstsein der Bürger festgesetzt», sagt EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing. Der Euro habe einen guten Job gemacht und Kaufkraft gesichert. Die durchschnittliche Inflationsrate betrug in D-Mark-Zeiten knapp 3 Prozent, beim Euro bislang etwas über 2 Prozent. Eine möglichst niedrige Inflationsrate sichert den Verbrauchern im Euroland Kaufkraft, der Binnenwert ist damit das entscheidende Kriterium für die Stabilität einer Währung.

Auch beim Außenwert startete der Euro stark mit 1,17 Dollar im Januar 1999. Dann ging es bis Oktober 2000 in den Keller auf 82 Cent - ein Vertrauensverlust, wie viele Skeptiker meinten. Im Februar 2004 lag der Höchststand bei 1,28 Dollar. «Wir hatten einen krassen Wertverfall, haben aber auch eine Erholung gesehen», sagt Währungsexperte Jens-Uwe Wächter von der Deka-Bank. «Das ist eine Erfolgsgeschichte.» Die Bewegungen zeigten aber auch, dass der Euro ein Spielball des Dollars sei.

Heute ist der Euro elementarer Bestandteil der Devisenreserven vieler Notenbanken und liefert sich an den Kapital- und Anlagemärkten ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Dollar. In den Ländern Mittel- und Osteuropas wird er bei der Zahlung akzeptiert. Eines ist allerdings klar: die Nummer eins wird auf absehbare Zeit der Dollar bleiben. «Die militärische und politische Macht bestimmt auch über die Währungsmacht - und da sind die USA Europa klar überlegen», sagt der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter.

Der Euro erfreut sich aber wachsender Beliebtheit - zum Beispiel als Reservewährung. Zwar dominiert der Dollar in dieser Rolle, doch die Gewichte haben sich verschoben: nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) hielten Notenbanken weltweit Ende 1999 erst 12,7 Prozent ihrer Reserven in Euro. Ende 2002 waren es bereits 18,7 Prozent. «Der Euro wird in zehn Jahren seinen Anteil auf ein Drittel hoch schrauben», prognostiziert die Deutsche Bank. Viele asiatische Banken - etwa in Thailand, Malaysia und China - vergrößerten ihre Euro-Reserven.

Die Euro-Zone ist zudem ein mächtiger Wirtschaftsraum. Viele der zwölf Länder gehen einer EZB-Studie zufolge dazu über, in ihrem Außenhandel mit Drittstaaten in Euro zu fakturieren. 2002 traf das bereits auf die Hälfte aller Exporte zu. «Die Euro-Zone weist einen Überschuss auf. Im Welthandel spielt der Euro eine größere Rolle als der Dollar», sagt Volkswirt Rolf Schneider von der Dresdner Bank.

Als Abrechnungswährung im Öl-Geschäft kann der Euro dem Dollar jedoch kein Paroli bieten. Die europäische Gemeinschaftswährung spielt dort eine untergeordnete Rolle, weil die Öl-Staaten im Mittleren Osten stark von den USA abhängig sind. In Europa will dagegen der Rohstoff-Gigant Russland teilweise auf Euro umstellen.

Überall ist der Euro also die Nummer zwei - nur für das organisierte Verbrechen ist er die Lieblingswährung, schreibt der Professor für Finanzgeschichte, Niall Ferguson, von der Universität
Oxford: «Die EZB gibt 500-Euro-Noten aus, während die US-Nationalbank nur Banknoten im Wert von höchstens 100 Dollar druckt. So kann man locker ein paar Millionen Euro in seine Aktenmappe stopfen - was in bestimmten Gegenden Kolumbiens nützlich sein kann. Womöglich auch an der Wall Street.»