Hinterbliebenenrente gleichgeschlechtlicher Lebenspartner

Dies gilt für Lebenspartnerschaften, die einer Ehe vergleichbar sind

Ein gleichgeschlechtlicher Lebenspartner kann Anspruch auf eine Witwerrente aus einem berufsständischen Versorgungssystem haben.

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C 267/06

Tadao Maruko / Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen

Das nationale Gericht hat zu prüfen, ob sich der überlebende Lebenspartner in einer Situation befindet, die mit der eines Ehegatten, der die betreffende Hinterbliebenenversorgung erhält, vergleichbar ist

Im Jahr 2001 begründete Herr Maruko nach dem einschlägigen deutschen Gesetz (Gesetz ie Eingetragene Lebenspartnerschaft vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) in der durch das Gesetz vom 15. Dezember 2004 (Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) in der durch das Gesetz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3396) geänderten Fassung) eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit einem Kostümbildner. Dieser war seit 1959 bei der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB), dem Träger der Alters- und Hinterbliebenenversicherung für die an deutschen Theatern tätigen Bühnenangehörigen, versichert. Der Lebenspartner verstarb im Jahr 2005, woraufhin Herr Maruko bei der VddB Witwerrente beantragte. Sein Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Satzung der VddB einen solchen Anspruch für Lebenspartner nicht vorsehe.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München, das über die von Herrn Maruko erhobene Klage zu entscheiden hat, hat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angerufen, um in Erfahrung zu bringen, ob die Weigerung, einem Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine nach der Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf [ABl. L 303, S. 16])verbotene Diskriminierung darstellt. Mit dieser Richtlinie soll u. a. die Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung bekämpft werden.

Da sich die Richtlinie jedoch nicht auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme erstreckt, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt im Sinne des Gemeinschaftsrechts gleichgestellt werden, muss der Gerichtshof zunächst prüfen, ob die streitige Hinterbliebenenversorgung als Arbeitsentgelt eingestuft werden kann. Dazu stellt er fest, dass sich das berufsständische Versorgungssystem der VddB auf einen Tarifvertrag gründet, der die Sozialleistungen ergänzen soll, die nach den allgemein anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften gewährt werden. Dieses Versorgungssystem wird ausschließlich von den Arbeitnehmern und deren Arbeitgebern unter Ausschluss jeder finanziellen Beteiligung seitens des Staates finanziert.

Darüber hinaus betrifft das Ruhegeld, auf dessen Grundlage die Hinterbliebenenversorgung berechnet wird, nur eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern, und seine Höhe bemisst sich nach der Versicherungsdauer des Arbeitnehmers und der Höhe der entrichteten Beiträge. Die Hinterbliebenenversorgung entspringt somit dem Arbeitsverhältnis des verstorbenen Partners und ist daher als Arbeitsentgelt einzuordnen. Aus diesem Grund findet die Richtlinie Anwendung.

Zur Frage, ob die Weigerung, dem eingetragenen Lebenspartner die Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellt, stellt der Gerichtshof im Lichte des Vorlagebeschlusses fest, dass Deutschland zwar die Ehe Personen verschiedenen Geschlechts vorbehalten, jedoch die Lebenspartnerschaft geschaffen hat, deren Bedingungen schrittweise denen der Ehe angeglichen worden sind. Nach den Satzungsbestimmungen der VddB wird die Hinterbliebenenversorgung aber nur überlebenden Ehegatten gewährt. Somit erfahren Lebenspartner, da ihnen die Versorgung verweigert wird, in diesem Fall eine weniger günstige Behandlung als überlebende Ehegatten.

Demzufolge hat der Gerichtshof entschieden, dass die Weigerung, Lebenspartnern die Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellt, falls sich überlebende Ehegatten und überlebende Lebenspartner in Bezug auf diese Versorgung in einer vergleichbaren Situation befinden. Es ist Sache des Bayerischen Verwaltungsgerichts München, diese Voraussetzung zu prüfen.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.

Den vollständigen Wortlaut des Urteils finden Sie heute auf der Internetseite des Gerichtshofs hier.

Presseinformation Nr. 17/08 April 2008

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