Corona-Krise: Schutz der Airlines oder der Passagiere?

Müssen Passagiere bei Flugannullierung Gutscheine statt Erstattung akzeptieren?

Die EU-Passagierrechte auf Flugpreiserstattung sind im Rahmen der Corona-Krise von einigen Mitgliedstaaten in Frage gestellt worden. Zur Entlastung der Fluggesellschaften fordern Sie die Möglichkeit der  Ausgabe von Gutscheinen anstelle einer Reisepreiserstattung bei Stornierungen von Reisen. Die Europäische Kommission hält weiterhin an den in den EU-Verordnungen festgelegten Passagierrechten fest.  

Die Europäische Kommission veröffentlichte am 18. März 2020 Auslegungsleitlinien zur Anwendung der EU-Bestimmungen zu Passagierrechten. Diese sollten im Zusammenhang mit der COVID-19-Epidemie Klarheit und Rechtssicherheit bei der Anwendung dieser Rechte gewährleisten. Die Auslegung von Passagierrechte im Einzelfall kann nur ein Gericht vornehmen. Der EU ist es wichtig, die Passagierrechte in der jetzigen Krise zu wahren. Informationen zu EU-Passagierrechten finden Sie auf der Webseite Ihr Europa

Wenn ein Beförderungsunternehmen (Fluggesellschaft, Bahngesellschaften, Busanbieter, Reedereien) die Reise annulliert hat, gelten die Bestimmungen der EU-Verordnungen weiterhin. Reiseanbieter müssen eine anderweitige Beförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder bei nächster Gelegenheit anbieten. Aufgrund des Covid-19 Ausbruchs kann es über längere Zeit unklar sein, wann die Beförderung stattfindet. Daher können Kunden eine Erstattung des Fahr- und Flugpreises verlangen. 

Viele Beförderungsunternehmen bieten Passagieren, die infolge des Covid-19 Ausbruchs nicht reisen wollen oder dürfen, Gutscheine an. Dabei ist von Situation zu Situation zu unterscheiden, ob der Kunde oder das Beförderungsunternehmen die Reise annulliert hat. Hat das Beförderungsunternehmen den Flug, Ihre Bahn-, Bus- oder Schiffahrt annulliert, können der Fahrgast zwischen Erstattung und Reisegutschein entscheiden.  

Die deutsche Bundesregierung forderte die Europäische Kommission Anfang April auf, die EU-Gesetzgebung hinsichtlich einer Gutscheinlösung für alle Reisenden zu ändern. Wenn Sie ihr Ticket vor dem 8. März 2020 gekauft haben, sollten Sie nach Vorschlag der Bundesregierung anstelle der Reisepreiserstattung einen Gutschein erhalten. Die Gutscheine wären bis Ende 2021 befristet, nicht eingelöst, müsste der Reiseveranstalter nach diesem Zeitraum den Reisepreis zurück erstatten. Damit Reisende sicher ihr Geld zurück bekommen, sollen die Gutscheine gegen Insolvenz abgesichert und durch den Staat rückversichert sein. Für Passagiere, für die ein Gutschein unzumutbar ist, schlägt die Bundesregierung eine Härtefallklausel vor. 

Die Europäische Kommission prüfte die Situation. Der für Verbraucherschutz zuständige Justizkommissar Didier Reynders forderte Airlines und Reiseveranstalter mehrmals auf, Verbraucher zu entschädigen. Gleichzeitig rät er Verbrauchern Gutscheine - wenn möglich - dennoch zu akzeptieren. Die Reisebranche sei durch den COVID-19 Ausbruch stark betroffen – „im Falle von Firmenpleiten ist das Recht auf Rückerstattung nicht viel wert“. In der Pressekonferenz der Europäischen Kommission am 06.04.2020 stellte ein Sprecher der Kommission nochmals klar, dass Fluggesellschaften und andere Beförderungsunternehmen die Wahl zwischen Rückerstattung und anderweitiger Beförderung anbieten müssen. Fluggesellschaften sei es erlaubt, Gutscheine statt einer Rückerstattung anzubieten, der Reisende habe jedoch die Wahl. Eine Gesetzesänderung, die rückwirkende Auswirkungen hätte, schloss er aus.